Dr. Saskia Schirmer

Angewandte Zoologie und Naturschutz

Loitzer Str. 26

17489 Greifswald

Tel.: +49 (0)3834 420-4222

email: saskia.schirmer@uni-greifswald.de

Forschungsinteressen

Wie kann man Fang-Wiederfang-Daten im Naturschutz nutzen?

Um die zeitliche Entwicklung demografische Parameter wie das Überleben von Fledermäusen untersuchen zu können, benötigt man langfristige Datensätze lokaler Populationen, die repräsentativ für die zu untersuchende Gesamtpopulation sind. Manchmal investieren Freiwillige viel Mühe, Zeit und Herz in Markierung und Wiederfang von Fledermäusen in lokalen Kastenquartieren, was zu wertvollen langfristigen Lebensgeschichten einzelner Fledermäuse führt. Kein Förderprogramm würde für eine Feldarbeit über teilweise mehr als 30 Jahre bezahlen. Daher sind diese von Freiwilligen erhobenen Datensätze fast die einzige verfügbare Datenquelle, um mehr über verschiedene Aspekte des Überlebens von Fledermäusen zu erfahren. Gibt es Veränderungen zwischen den Jahren, Altersklassen, Geschlechtern...? Ist das Überleben vom Wetter abhängig? Sind verschiedene Populationen einander ähnlich? Wie hängt das Überleben mit Reproduktion, Einwanderung und Populationsgröße zusammen? Können wir genügend Erkenntnisse über das Überleben lokaler Populationen gewinnen, um etwas über den Zustand der Fledermausarten in Deutschland zu sagen? Mein besonderes Interesse liegt darin eng mit Freiwilligen zusammenzuarbeiten, die die besten Kenntnisse über die von ihnen gesammelten Daten haben, und deren Wissen mit meinem Wissen über Fang-Wiederfang-Modellierung zu kombinieren. 

 

Modellierung zeitlich-räumlich aufgelösten Überlebens ziehender Tierarten

Wandernde Tierarten, z. B. Langstreckenzieher wie Fischadler (Pandion haliaetus) oder Kurzstreckenzieher wie Rotkehlchen (Erithacus rubecula), nutzen Raum großflächig über das ganze Jahr hinweg. Daher werden sie von unterschiedlichen räumlichen Bedingungen in ihren Brutgebieten, ihren Überwinterungsgebieten und auf ihren Zugrouten beeinflusst. All diese Bedingungen wirken sich auf das Überleben der Tiere und damit auf die Populationsdynamik aus. Meistens sind wir nicht in der Lage, diese Zusammenhänge direkt zu analysieren, sondern wir werten Beobachtungen aus, die das Ergebnis komplexer biologischer Prozesse sind. Der Beobachtungsprozess, aus dem die Daten hervorgehen, macht die Analyse noch komplexer. Modellieren wir ihn gezielt mit, ermöglicht dies eine Interpretation der biologischen Prozesse ohne die Verzerrung durch die Beobachtung. Insbesondere untersuche ich, wie Daten von markierten Tieren, die tot aufgefunden und gemeldet werden, zur Beschreibung und Analyse des Überlebens, der Zugkonnektivität und des Beobachtungsprozesses von wandernden Arten verwendet werden können. Dazu verwende ich ein vollständig stochastischen Modellsystem im diskreten bzw. im kontinuierlichen Raum. Ich bin daran interessiert, dieses Modellsystem weiterzuentwickeln, z. B. für saisonales Überleben. 

Schirmer, Saskia and Korner-Nievergelt, Fränzi and von Rönn, Jan A. C. and Liebscher, Volkmar, Estimating Survival, Migratory Connectivity and Reencounter Probability in Continuous Space - Towards a Continuous Version of the Multinomial Reencounter Model (October 13, 2022). Available at SSRN: ssrn.com/abstract=4246619 or dx.doi.org/10.2139/ssrn.4246619

Schirmer, Saskia and Korner-Nievergelt, Fränzi and von Rönn, Jan AC and Liebscher, Volkmar, Estimation in the multinomial reencounter model--Where do migrating animals go and how do they survive in their destination area? (2022). Journal of Theoretical Biology, 543, 111108, Elsevier. https://doi.org/10.1016/j.jtbi.2022.111108.

Schirmer, Saskia. Modeling spatial patterns of survival, space use and recovery probability (Doctoral thesis, 2022). https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-opus-58451.

 

Artenübergreifende Populationsindizes

Politiker bevorzugen ein einziges, leicht verständliches Maß, das den Zustand der Natur beschreibt, um ihre politischen Entscheidungen auf einer datengestützten Grundlage zu treffen. Die Natur besteht jedoch aus Hunderten von Arten, und selbst wenn wir sie auf die Vogelgemeinschaft eines Landes herunterbrechen, bringt die Kombination all dieser Arten in einem Wert mehrere Probleme mit sich. Die meisten artenübergreifenden Populationsindizes kombinieren die Arten auf einer prozentualen Skala, aber was ist, wenn eine neu auftretende Art mit einem einzigen Brutpaar beginnt und innerhalb weniger Jahre um 1000 % zunimmt? Wirkt sich dies wirklich so stark auf den Zustand der Vogelgemeinschaft aus, wenn es in Wirklichkeit nur 10 Brutpaare mehr gibt? Außerdem können die meisten artenübergreifenden Indizes keine Nullen verarbeiten. Seltene oder verschwindende Arten enthalten jedoch Nullen, die meist durch willkürliche kleine positive Zahlen ersetzt werden. In einigen Fällen kann das negative Binomialmodell oder das Tweedie-Compound-Modell eine Lösung für diese Probleme darstellen. In den meisten Fällen wird jedoch ein zweiter Index das Maß für den Zustand der Natur viel transparenter und verständlicher machen.

Korner-Nievergelt, Fränzi and Strebel, Nicolas and Buckland, Stephen T and Freeman, Robin and Gregory, Richard D and Guélat, Jérôme and Isaac, Nick and Mc Rae, Louise and Roth, Tobias and Schirmer, Saskia and Soldaat, Leo L. and Vorisek, Petr and Sattler, Thomas. Multi-species population indices for sets of species including rare, disappearing or newly occurring species (2022). Ecological Indicators, 140, 109005, Elsevier.