Antragsteller*innen: Julia Sandner, Charlotte Paul, Katharina Beer, Mercedes N. D. Spiering, Philip Pinzél, Sarah von Zittwitz, Stephan Hilker
Antrag: Die Studierendenschaft spricht sich dafür aus, dass sich dafür eingesetzt wird, ein sogenanntes „Gründersemester“ an der Universität Greifswald einzuführen.
Dieses soll es Studierenden ermöglichen, sich für ein bis zwei Semester beurlauben zu lassen, um sich mit Unterstützung der Universität gezielt einer unternehmerischen Idee oder einem Gründungsvorhaben zu widmen. Der Beurlaubungsgrund „Gründungsvorhaben“ soll dabei formal anerkannt werden.
Konkret beinhaltet das Gründersemester:
• Möglichkeit zur Beurlaubung mit klar definiertem Zweck der Gründung
• Kooperation mit der Gründungsberatung der Universität
• Zugang zu vorhandenen Förderprogrammen (z. B. EXIST) und Veranstaltungen für gründungsinteressierte Studenten
Begründung des Antrags: Die Universität Greifswald steht für wissenschaftliche Exzellenz, aber auch für gesellschaftliche Verantwortung, Innovation und Eigeninitiative. Dennoch bleibt das unternehmerische Potenzial vieler Studenten bislang unattraktiv.
Studierende, die eine Geschäftsidee verfolgen oder ein Start-up gründen möchten, stehen unter einem enormen Zeitdruck, da sich Gründungsprozesse kaum mit einem Vollzeitstudium vereinbaren lassen. Die Folge: Viele Ideen scheitern frühzeitig oder werden erst nach dem Studium – und damit häufig zu spät – realisiert.
Dabei bieten Universitäten wie Greifswald ein ideales Umfeld für interdisziplinäres Denken, kreative Entwicklung und forschungsbasierte Innovation. Bereits in anderen Bundesländern – etwa in Bayern und Nordrhein-Westfalen – existiert das Gründersemester erfolgreich.
Ein Gründersemester stärkt:
• die unternehmerische Freiheit junger Menschen,
• die Innovationskraft der Region Vorpommern,
• die Karriereoptionen der Studierenden,
• und die Position der Universität Greifswald im Wettbewerb der Hochschulstandorte.
Das EXIST-Programm des Bundeswirtschaftsministeriums zeigt, dass die Verbindung von Wissenschaft und Unternehmertum gefördert und gewollt ist – insbesondere im technologischen und wissensbasierten Bereich. Die Universität Greifswald kann und sollte Teil dieser Bewegung sein.
Gerade in einem Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern, das vom Wegzug junger Talente betroffen ist, wäre ein solches Gründersemester ein wichtiges Signal: Hier entsteht Zukunft – und sie darf hierbleiben.
1. Struktur des Semesters und Leistungsnachweise
Verpflichtende Meilensteine und Deliverables:
Ideenvalidierung: Nachweis der Marktvalidierung (z.B. durch Umfragen, Interviews mit potenziellen Kunden, Fokusgruppen).
Businessplan/Lean Canvas: Detaillierte Ausarbeitung des Geschäftsmodells, Finanzplanung und Marketingstrategie. Dies sollte regelmäßig in den Kursen präsentiert und Feedback eingeholt werden.
MVP (Minimum Viable Product) oder Prototyp: Je nach Art der Gründung (Produkt, Dienstleistung, Software) sollte ein funktionsfähiges Minimumprodukt oder ein detaillierter Prototyp entwickelt werden. Bei Dienstleistungen kann dies eine detaillierte Beschreibung des Leistungsprozesses und erster Marketingmaterialien sein.
Rechtliche Schritte: Nachweis der Anmeldung eines Kleingewerbes, einer UG (haftungsbeschränkt) oder GmbH, sofern dies der Unternehmensform entspricht. Einreichung von Handelsregisterauszügen oder Gewerbeanmeldungen.
Erste Umsätze/Kundenkontakte: Im Idealfall sollten Studenten erste Kunden oder Umsätze nachweisen können. Dies kann auch in Form von Vorbestellungen, Testimonials oder Kooperationsvereinbarungen geschehen.
Regelmäßige Pitch-Veranstaltungen: Statt einer einmaligen Abschlusspräsentation sollten über das Semester verteilt mehrere Pitch-Möglichkeiten geschaffen werden, bei denen Studierende ihre Fortschritte vor einer Jury aus Gründungsberatern, Professoren und externen Experten präsentieren müssen.
Mentor*innen-Programm mit Reporting: Jedes Gründungsteam erhält eine/n MentorIn (erfahrener Unternehmerin, Gründungsberaterin). Die MentorInnen treffen sich regelmäßig mit den Teams und dokumentieren deren Fortschritte und Herausforderungen. Diese Berichte fließen in die Bewertung ein.
2. Integration des Gründungszentrums / Gründungsbüros der Universität Greifswald
Die Universität Greifswald verfügt über ein Gründungsbüro im Zentrum für Forschungsförderung und Transfer (ZFF) und ist Teil des Netzwerks "Startup Nordost". Diese Strukturen sollten maximal genutzt werden.
Verpflichtende Gründungsberatung: Die Studierenden müssen nachweisen, dass sie regelmäßige Termine mit den Gründungsberater*innen des ZFF oder der WITENO GmbH (Technologie- und Innovationszentrum Vorpommern) wahrgenommen haben. Diese Beratung kann spezifische Fragestellungen zu Recht, Finanzen, Marketing oder Fördermitteln behandeln.
Nutzung der Infrastruktur: Die Studierenden sollten angehalten werden, die vorhandenen Ressourcen wie Co-Working-Spaces (z.B. in der "Zukunftswerft" der Universität Greifswald oder im Technologiezentrum Vorpommern), Workshops und Netzwerkveranstaltungen aktiv zu nutzen. Eine Nachweispflicht über die Teilnahme an solchen Veranstaltungen kann eingeführt werden.
Anmeldung zu Förderprogrammen: Die Studierenden sollten motiviert werden, sich für existierende Förderprogramme wie das EXIST-Gründungsstipendium oder EXIST Women zu bewerben. Auch wenn nicht jede Bewerbung erfolgreich ist, zeigt der Bewerbungsprozess selbst ein hohes Engagement. Das Gründungsbüro kann dabei unterstützen und bestätigen, dass eine Bewerbung eingereicht wurde.
3. Externe Validierung und Vernetzung
Teilnahme an Wettbewerben: Die Teilnahme an regionalen (z.B. "StartUp NORD°OST° Ideenwettbewerb") oder nationalen Gründerwettbewerben kann als Leistungsnachweis gewertet werden. Die Einreichung der Konzepte und die Teilnahme an den Jury-Präsentationen sind hierbei entscheidend.
Kontakte zu Kammern und Verbänden: Die Studierenden sollen erste Kontakte zu relevanten Kammern (IHK, Handwerkskammer) oder Branchenverbänden knüpfen und dies dokumentieren. Ein Nachweis über ein Erstgespräch oder eine Informationsveranstaltung kann hier genügen.
"Pitch vor Investoren" (simuliert oder real): Am Ende des Semesters könnte ein "Investoren-Pitch" veranstaltet werden, bei dem Studierende ihre Gründungsideen vor einem Publikum aus potenziellen Investoren, Business Angels oder Bankberatern präsentieren. Auch wenn es keine direkte Finanzierung gibt, ist dies ein realistischer Schritt im Gründungsprozess.
4. Anreize und Konsequenzen
Zensur und ECTS-Punkte: Das Semester sollte als vollwertiger Bestandteil des Studiums mit entsprechenden ECTS-Punkten vergeben werden. Die Bewertung sollte sich nicht nur an der Idee, sondern vor allem an der Umsetzungsorientierung und den erreichten Meilensteinen orientieren. Eine "Nicht bestanden"-Bewertung ist möglich, wenn keine echten Gründungsaktivitäten nachgewiesen werden können.
"Gründungs-Zertifikat" der Universität: Zusätzlich zu den ECTS-Punkten könnte ein spezielles "Gründungs-Zertifikat" ausgestellt werden, das die erfolgreiche Teilnahme am Gründungsprogramm und die tatsächliche Durchführung von Gründungsschritten bestätigt.
Zugang zu weiteren Förderungen und Räumlichkeiten: Nur Studierende, die ihre Gründung ernsthaft verfolgen, erhalten auch nach dem Semester weitere Unterstützung vom Gründungsbüro, z.B. Zugang zu Stipendien, günstigen Büroräumen oder speziellen Coaching-Programmen.
Alumni-Netzwerk: Aufbau eines aktiven Alumni-Netzwerks von erfolgreichen GründerInnen der Universität. Diese können als Vorbilder dienen und zukünftige Studierende motivieren und unterstützen.
5. Dokumentation und Nachweisführung
Gründungs-Portfolio: Jedes Team führt ein digitales oder physisches Portfolio, in dem alle relevanten Dokumente (Businessplan, Prototypenbilder, Gesprächsprotokolle, Gewerbeanmeldung, etc.) gesammelt werden.
Regelmäßige Statusberichte: Die Studierenden reichen monatlich Statusberichte ein, in denen sie ihre Fortschritte, Herausforderungen und nächsten Schritte darlegen.
Persönliche Gespräche: Neben den formalen Nachweisen sind regelmäßige, persönliche Gespräche mit den Dozenten und Gründungsberatern unerlässlich, um den Fortschritt zu überprüfen und bei Problemen Unterstützung zu bieten. Hier kann auch ein Gespür dafür entwickelt werden, ob die Studierenden tatsächlich ernsthaft gründen wollen.
Durch die Kombination dieser Maßnahmen kann die Universität Greifswald ein Semester zum Gründen effektiv gestalten und sicherstellen, dass die Studierenden nicht nur theoretisches Wissen erwerben, sondern auch den entscheidenden Schritt zur tatsächlichen Unternehmensgründung wagen.